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Aufgefangen

Aufgefangen - Stammtischabende und unerwarteter Rückhalt

Marianne und Wolfgang

 

Stammtischabende und unerwarteter Rückhalt

Dies ist eine Geschichte von kleinen und großen Fortschritten. Von Rückschritten. Von Erfolgen, die manchmal nicht als solche wahrgenommen werden. Und irgendwie ist gar nicht so klar, wer hier eigentlich die Hauptrolle spielt. Das ist aber überhaupt nicht wichtig. Denn in der Geschichte von Marianne und Wolfgang geht es vor allem um Dankbarkeit. Und um tolle Zeiten, wo man sie nicht vermutet.
Fangen wir mit dem Rückschritt an: Marianne ist seit ihrer letzten OP wieder im Wachkoma. Das ist auch der Grund, warum ihr Mann Wolfgang sich nicht so richtig damit anfreunden kann, die Entwicklungen seit 2019 als Erfolg zu bezeichnen.
In dem Jahr ist Marianne ins Wachkoma gefallen, weil sie ein Aneurysma im Gehirn hatte. Lange Zeit verbrachte sie auf Intensivstationen. Bis sie im Jahr 2020 in das »Haus Vincent« in Engen kam.
„Ich bin heute noch begeistert, wie schnell das geklappt hat“, erinnert sich Wolfgang an die Überleitung. Denn es stand nur eine Woche Zeit für die Unterbringung zur Verfügung. Bei dieser anfänglichen Freude bleibt es aber bei Weitem nicht. Denn laut Wolfgang war die Zeit in der Engener Intensivpflege-WG das Beste, was passieren konnte. „Es waren stets Menschen um meine Frau und ich bin immer noch begeistert vom Ambiente dort: wie, wenn sie daheim wäre, alles sehr familiär und heimelig“, schwärmt er. „Von der Pflege bis zur Hauswirtschaft war alles top. Das Team war so großartig in Engen.“
Und das meint Wolfang nicht nur in Bezug auf seine Frau. Denn durch die Krankheit von Marianne befand er sich plötzlich selbst in einem großen Loch. „Man ist dort sozial aufgefangen worden. In Engen habe ich gelernt, wie man mit sowas umgehen kann.“ Er habe nie eine Pflegekraft erlebt, die schlecht gelaunt gewesen wäre. „Das war ein Jahr Familie.“ Und das hat sich ganz offensichtlich auch auf das Befinden von Marianne und Wolfgang ausgewirkt. Als Wachkoma-Klientin kam Marianne in die WG. Während ihrer Zeit dort wurde sie wieder wach, hat geschluckt, getrunken, gegessen – und vor allem: gelacht. „Das war eine tolle Zeit“, so Wolfgang. „Im Haus Vincent wurde sie medikamentös ganz anders eingestellt und gefördert. Zusammen mit den wunderbaren Mitarbeiter*innen hat das den Ausschlag gegeben.“ Nicht nur Marianne blühte in dieser Zeit auf. Auch ihr Mann bekam durch die Pflegekräfte dort Rückhalt, wo er ihn nicht erwartet hatte. Selbst jetzt merkt man noch, wie gern er an dieses eine Jahr zurückdenkt. Umso schöner, dass er noch heute Kontakt zur WG hat, nachdem Marianne längst wieder zuhause wohnt. „Im Sommer waren wir sogar zum Sommerfest dort eingeladen“, so Wolfgang.
Er pflegt seine Frau nun in den eigenen vier Wänden – unterstützt durch den Pflegedienst, der auch im Haus Vincent die Versorgung der Bewohner*innen übernimmt. „Die zwei Pflegekräfte, die bei mir die Nachtschicht übernehmen, halten mir den Rücken frei“, so Wolfgang. „Sie geben mir wertvolle Tipps zur Pflege meiner Frau. Ich kann aber auch Gespräche mit ihnen führen, die nichts mit der Pflege zu tun haben, kann also auch ruhig mal Dampf ablassen, wenn ich mich über etwas ärgere. Früher musste Marianne das auffangen.“ Man merkt: In allem, was er sagt, schwingt große Dankbarkeit mit.
Wolfgang versucht, soweit es möglich ist, einen Alltag aufrechtzuerhalten. Das bedeutet konkret: Stammtischabende, ausgedehnte Spaziergänge, Fernsehnachmittage, Besuche bei Freund*innen. Häufig mit Marianne, aber manchmal auch ohne sie. Eigentlich so, wie in einer normalen Ehe auch.
„Ich habe im Grunde großes Glück, was das betrifft“, zieht Wolfgang sein Fazit – ganz bescheiden.